scroll-up
Immer im Recht. Aktuelle Urteile und News

Vertriebsrecht 2: Handelsvertreter werden gestärkt – Ausgleichsanspruch auch in Probezeit – EuGH, Urt. 19. April 2018, Rs. C-645/16

erstellt am: 08.05.18 | Aktuelle Urteile

Vertriebsrecht 2: Handelsvertreter werden gestärkt – Ausgleichsanspruch auch in Probezeit – EuGH, Urt. 19. April 2018, Rs. C-645/16

Der EuGH (aaO.) bringt sich und die Richtlinie 86/653/EWG als Recht der EU in Erinnerung, denn Handelsvertreter werden gestärkt – Ausgleichsanspruch auch in der Probezeit steht dem Handelsvertreter zu.

Der französische Kassationsgerichtshof in Paris, was dem Bundesgerichtshof in der Bundesrepublik entspricht, hatte mit Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV um Klärung der Rechtsfrage gebeten, ob Art. 17 der Richtlinie 86/653 anwendbar ist, wenn die Beendigung des Handelsvertretervertrags während der in ihm festgelegten Probezeit eintritt.

Die französische DTT war Auftraggeber (Unternehmer gem. § 84 HGB) und die französische CMR war Auftragnehmerin (Handelsvertreterin gem. § 84 HGB). Nach dem Handelsvertretervertrag vom 2. Dezember 2011 war die CMR mit dem Verkauf von Einfamilienhäusern der DTT befasst. Der Vertrag enthielt für beide Seiten eine Probezeit von 12 Monaten, während der im ersten Monat mit einer Frist von 15 Tagen und danach mit einer Frist von einem Monat gekündigt werden konnte. Vertraglich vereinbart war das Ziel von 25 Verkäufen pro Jahr. Mit Schreiben 12. Juni 2012 kündigte die DTT den Vertrag mit Verweis auf nur einen Verkauf durch die CMR in fünf Monaten unter Einhaltung der vertraglichen Frist. 

Nach französischem Handelsgesetzbuch Art. L. 134-12 Code de Commerce und der Rechtsprechung war zu klären, ob eine Vertragsbeendigung in der Probezeit zu einem Wegfall des Ausgleichs- und Schadenersatzanspruchs des Handelsvertreters führen kann, ohne dass dies gegen Art. 17 RL 86/653/EWG verstößt.

Dies wird vom EuGH (aaO. Rn. 26, 29, 37) klar verneint. Der EuGH (aao Rn. 26, 29) stütz sich zunächst auf Wortlaut und Systematik von RL 86/653/EWG. Zudem wird der Zweck von Art. 17  RL 86/653/EWG herangezogen (EuGH aaO. Rn. 37). Wie in Verfahren vor dem EuGH häufig wird auch in den Urteilsgründen auf die Schlussanträge des Generalanwalt verwiesen. Insbesondere ist Art. 17  RL 86/653/EWG so zu verstehen, dass eine Probezeit im Handelsvertretervertrag zulässig ist, jedoch eine Kündigung nicht den Ausgleichs- und Schadenersatzanspruch entfallen lässt.

Das Urteil ist wie beim EuGH üblich im Vergleich zu Entscheidungen des BGH oder des Bundesverfassungsgericht kürzer, aber überzeugend. Handelsvertreter werden gestärkt – Ausgleichsanspruch auch in Probezeit, wenn auch nur moderat.

Andreas Hoffmann
Rechtsanwalt
08. Mai 2018