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Bankrecht 2: Wahlmöglichkeit bei Bearbeitungsprovision keine Individualabrede – BGH, Urt. 13.03.2018, Az. XI ZR 291/16

erstellt am: 26.05.18 | Aktuelle Urteile

Bankrecht 2: Wahlmöglichkeit bei Bearbeitungsprovision keine Individualabrede – BGH, Urt. 13.03.2018, Az. XI ZR 291/16

Der BGH( Urt. 13.03.2018, Az. XI ZR 291/16) hat am 25. Mai 2018 neben der Entscheidung über die Unwirksamkeit von Nr. 11 AGB-Sparkassen ein weiteres wichtiges Urteil im Bankrecht online veröffentlicht, die in der Wahlmöglichkeit bei Bearbeitungsprovision keine Individualabrede sieht.

Der Kläger, ein Verbraucher und Darlehnsnehmer der beklagten Sparkasse, hat in 2010 und 2011 drei grundpfandrechtlich besicherte Darlehn abgeschlossen. In allen drei von der Beklagten formularmäßig vorformulierten Darlehnsverträgen konnte der Kläger zwischen einer Kreditvariante mit marktüblichen Zinssatz und Bereitstellungsprovision und der  Variante mit 0,8 % günstigeren Zinssatz, ohne Bereitstellungsprovisio, mit Sondertilgungsrecht und der streitgegenständlichen laufzeitunabhängigen „Bearbeitungsprovision“ von 2 % des Darlehnsbetrags wählen. Mit der Klage werden von der Beklagten die 918,– € Bearbeitungsprovision zurückgefordert.

Die Klage war bis auf einen Teil der Nebenforderungen vor dem Amtsgericht und Landgericht, das die Revision zugelassen hat, erfolgreich. Die Revision der beklagten Sparkasse wurde abgewiesen.

Der BGH (aaO.) bestätigt den Rückzahlungsanspruch des Klägers aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Fall BGB einschließlich der vom Landgericht zugesprochenen Nebenforderungen.

Es liegt keine Individualvereinbarung gem. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB, denn die Klausel mit der Beabeitungsprovision wurde nicht  inhaltlich ernsthaft zur Disposition gestellt sowie sich von der Sparkasse deutlich und ernsthaft zur gewünschten Änderung der Klausel bereit erklärt
(Hinweis auf BGH, Urteil vom 24. Oktober 2017 – XI ZR 600/16, WM 2017, 2386 Rn. 26 mwN). Unter Verweis auf BGH-Rechtsprechung (Urt. 3. Juli 1985 – IVa ZR 246/83, WM 1985, 1208, 1209; Urt.10. Oktober 2013 – VII ZR 19/12, NJW 2014, 206 Rn. 19 f ) wird ein Aushndeln in der Möglichkeit des Auswählens vorformulierter Klauselalternativen abgelehnt (Urt. 3. Dezember 1991 – XI ZR 77/91, WM 1992, 50, 51).Auch der Wunsch des Klägers zu Beginn der Verhandlungen für die beiden letzten in 2011 abgeschlossen Darlehn nach der Variante mit Bearbeitungsprovision ändert daran nichts.
Trotz des Wunsch des Klägers nach der Variante mit Bearbeitungsprovision hat die Beklagte in allen drei Darlehn die AGB gem. § 310 Abs.1 Nr. 3 BGB gestellt.
Die Klausel mit der Bearbeitungsprovision ist auch eine der Inhaltskontrolle zugängliche Preisnebenabrede. Die laufzeitunabhängige Bearbeitungsprovision stellt eine mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbarende Abweichung dar (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB), weil § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB einlaufzeitabhängiges Entgelt vorsieht. Die Erhebung von Gebühren für Tätigkeiten, zu denen die Beklagte  gesetzlich oder nebenvertraglich verpflichtet ist oder die sie überwiegend im eigenen Interesse erbringt, weicht von den wesentlichen Grundgedanken des dispositiven Gesetzesrechts ab (Urteil vom 13. Mai 2014 – XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 66). Auch das Sondertilgungsrecht rechtfertigt die Klausel nicht.

Von Interesse sind auch die Ausführungen zu den Nebenforderungen (=Zinsen) (BGH aaO.). Mit Verweis auf BGH-Rspr. ( Urt. vom 24. April 2007 – XI ZR 17/06, BGHZ 172, 147 Rn. 35 mwN; Urt. vom 12. Mai 1998 – XI ZR 79/97, WM 1998, 1325, 1326 f.; Urt. vom 12. Juli 2016 – XI ZR 564/15,
BGHZ 211, 123 Rn. 58; Urt. vom 25. April 2017 – XI ZR 573/15, WM 2017, 1004 Rn. 15) zur tatsächlichen widerleglichen Vermutung für Ziehung von Zinsen bei erlangten Nutzungen werden dem Kläger Zinsen auch vor Verzug zugesprochen. 

Die Bedeutung des Urteils liegt in der umfänglichen Feststellung, dass Wahlmöglichkeit bei Bearbeitungsprovision keine Individualabrede ist. Banken sind auch wegen der anhalten Niedrigzinsen dazu übergegangen, eine Vielzahl von Entgelten zusätzlich zu Zinsen in Klauseln zu fordern. Dies erschwert das Urteil. Außerdem wird faktisch eine Zinspflicht für die überzahlten Beträge ab dem Zeitpunkt von deren Vereinnahmung statuiert.

Andreas Hoffmann
Rechtsanwalt
26. Mai 2018