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Technische Anlagen als Bauwerk §§ 635, 638 Abs. Satz 1 Fall 3 BGB a.F. – BGH Urt. 07.12.2017, Az. VII ZR 101/14 = BauR 2018, 529 – 535

erstellt am: 08.04.18 | Aktuelle Urteile

Der BGH (Urt. 07.12.2017, Az. VII ZR 101/14 = BauR 2018, 529 – 535) hat seine Rechtsprechung (BGH Urt. 02.06.2016, Az. VII ZR 348/13 = BauR 2016, 1478 = NZBau 2016, 558) fortgeführt, dass  Technische Anlagen als Bauwerk §§ 635, 638 Abs. Satz 1 Fall 3 BGB a.F. anzusehen sind – und nicht den Gewährleistungsregeln von Art. 1, 3, 39 CISG bzw. §§ 377 Abs. 1, 381 Abs. 2 HGB a.F. unterliegen.

Im BGH-Fall (aaO.) stellt die Klägerin Kartoffelchips her. Im Juni 2000 wurde die Beklagte und Schuldnerin, ein niederländisches Maschinenbauunternehmen, über das das Bezirksgericht Utrecht am 03.04.2012 das Insolvenzverfahren eröffnete, mit Planung, Lieferung und Montage einer vollständig neuen Produktionslinie sowie mit der Lieferung und Montage von Teilen zur Erweiterung einer bereits bestehenden Produktionslinie von der Klägerin gegen Zahlung von 5,9 Mio. DM beauftragt. In den vertraglichen „Garantiebedingungen“  hat die Schuldnerin „Garantiewerte bestätigt“, die wesentliche Leistungsparameter der Produktionslinien („Fertigproduktleistung“, „FFA Gehalt des Backöls“, „prozessbedingte Betriebszeit“, „maximale Leistungen des Entsteiners, der Waschanlage und der Schäler“, „Schälverlustzahl“, „optimale gleichmäßige Beschickung von Backofen“, „Restwassergehalt von 8 % beim Backofeneinlauf“, „Wasserverbrauch der Chipslinie“) verbindlich vorgeben.

Die Anlagenteile wurden bis Dezember 2000 im Werk der Klägerin angeliefert und bis Dezember 2000/Januar 2001 montiert.

Nach der Montage rügte die Klägerin unzureichende Stärkeabtrennung, zu hohe Schälverluste, mangelhafte Produktqualität, Nichteinhaltung des garantierten (Frisch-)Wasserverbrauchs und Restfeuchte. Die Abnahme wurde verweigert. Mit Schreiben 13.06.2001 wurden die Aufforderungen von der Klägerin wiederholt und der Beklagten eine Nachfrist zur Mängelbeseitigung bis zum 31.08.2001 gesetzt. Nachdem bis dahin keine Nachbesserungsarbeiten ausgeführt worden waren, machte die Klägerin mit Schreiben vom 04.09.2001 Schadenersatz wegen Nichterfüllung geltend.

Der BGH (aaO. Rn. 11 – 27) behandelt zunächst die hier nicht interessierenden insolvenzrechtlichen Fragen.

Die Anwendung des Wiener Übereinkommen der Vereinten Nationen über den internationalen Warenkauf (CISG) wird abgelehnt, da nach Art. 3 Abs. 2 CISG in den “ Garantiebedingungen “ die Dienstleistungen (hier: Leistungsparameter der Produktionslinie) den Wert der herzustellenden und zu liefernden Ware deutlich übersteigt (BGH aaO. Rn. 37 – 47).

In diesem Sinn (BGH aaO. Rn. 48 – 54) stellt die Produktionslinie technische Anlagen als Bauwerk §§ 635, 638 Abs. Satz 1 Fall 3 BGB a.F. dar. Die Chips-Produktionslinie ist eine technische Anlage, die mit dem Erdboden unmittelbar oder mittelbar über ein Gebäude fest verbunden ist, ohne dass es sich um wesentliche Bestandteile (§§ 93, 94 BGB) handeln muss. Es genügt eine Verbindung der Anlage mit dem Erdboden oder Gebäude  allein durch ihr Gewicht, so dass eine Trennung nur mit größerem Aufwand möglich ist. Auch die dauerndeNutzung der technischen Anlage muss beabsichtigt sein. Dies beurteilt sich entscheidend danach, ob Vertragszweck die Erstellung einer größeren ortsfesten Anlage mit den spezifischen Bauwerksrisiken ist, die der gesetzlichen Verjährung zugrunde liegen (BGH aaO. Rn. 51; Urt. 02.06.2016, Az. VII ZR 348/13 = BauR 2016, 1478 Rn. 29 m.w.N.). Dazu ist insbesondere nicht maßgeblich, ob die Anlage wieder abgebaut und anderweitig verwendet werden kann (BGH, Urt. 03.12.1998, Az. VII ZR 109/97 = BauR 1999, 670, 671, juris Rn. 13ff.). Maßgebend ist vielmehr, dass sie ihrer Bestimmung nach ortsfest installiert ist und hinsichtlich des Risikos der späten Erkennbarkeit von Mängeln nicht anders zu beurteilen ist als ein Gebäude.

Die Bedeutung des BGH-Urteils (aaO.) liegt darin, dass diese Rechtsprechung auch für das nach der Schuldrechtsreform zum 01.01.2002 fortgeführt wird.

Andreas Hoffmann
Rechtsanwalt
08.04.2018