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Vertriebsrecht 5: Ansprüche nach beendetem Kommissionsagenturverhältnis – OLG München, Urt. 20.12.2017, Az. 7 U 260/17 = ZVertriebsR 2018, 27 – 33

erstellt am: 19.05.18 | Aktuelle Urteile

Vertriebsrecht 5: Ansprüche nach beendetem Kommissionsagenturverhältnis – OLG München, Urt. 20.12.2017, Az. 7 U 260/17 = ZVertriebsR 2018, 27 – 33

Das OLG München (Urt. 20.12.2017, Az. 7 U 260/17) hat die Ansprüche nach beendetem Kommissionsagenturverhältnis weitgehend nach Handelsvertreterrecht behandelt.

Der Kläger hat sieben Geschäfte in Outlet-Centern auf Basis von sieben einzelnen Verträgen betrieben, in denen Mode mit der Marke des Beklagten verkauft wurde. Der Kläger übernahm den Betrieb der Ladenflächen als rechtlich und wirtschaftlich selbstständiger Unternehmer auf Rechnung der Beklagten, die Läden mietete und für die der Beklagte keine Miete bezahlte. Der Beklagte musste die Läden nach den Vorgaben der Outlet-Center geöffnet halten. Der Kläger konnte nur nach Absprache mit der Beklagten Preise festlegen und hatte das Kassen- sowie das Warenwirtschaftssystem der Beklagten zu benutzen. Bareinnahmen waren auf das Konto der Beklagten einzuzahlen. Kartenzahlungen gingen auf ein Konto der Beklagten. Als Vergütung erhielt der Kläger 1.060,– € monatlich je Laden an Fixum und 17 % des Umsatz. Die Beklagte kündigte die (Betreiber)Verträge ordentlich zum 28.02.2014 und 31.05.2014.

Der Kläger verlangt einen Buchauszug (inkl. Provisionsabrechnung), einen Ausgleichsanspruch gem. § 89b HGB sowie hilfsweise Auskünfte für die Berechnungsgrundlagen zur Provision und Ausgleichsanspruch gem. § 89b HGB.

Das OLG München (aaO.) nimmt eine Kommissionsagentur unter fehlerhaften Verweis auf BGH, Urt. 23.07.2016, Az. I ZR 229/13(richtig: Urt. 21.07.2016, Az. 229/15 = NJW 2017, 475) an, da die dauernde Geschäftsbeziehung eine Kommission gem § 383 HGB ausschließt. Maßgeblich sind die vertraglichen Regelungen, die eine dauerhafte Tätigkeit des Klägers durch Abschluß von Verträgen im eigenen Namen (Offenhaltung der Läden, vergleichbar dem Tankstellenhalter) und die variable Vergütung, d.h. 17 % – Umsatzbeteiligung. Die fehlende Zahlung der Miete bringt das Unternehmerrisiko nicht zum Wegfall, da der Kläger das erhebliche Personalrisiko trägt. Die fixe Vergütung des Klägers (1.060, — €/Monat) st auch beim Handelsvertreter nicht unüblich.

Für den Anspruch auf Buchauszug des klagenden Kommissionsagenten wird wieder der Vergleich zum Tankstellenhalter mit dem BGH (Urt. 29.10.2008, Az. VIII ZR 205/05 = NJW-RR 2009, 821) gezogen. Beim Kläger sind der Verkauf von Waren in Räumen des Kommissionsprinzipalunter vorgegebenen Kassensystem vergleichbar. Erfüllung und Verwirkung des Anspruch auf Buchauszug sind nicht gegeben.

 Das OLG München (aaO.) hält einen Ausgleichsanspruch gem. § 89b HGB analog des Kommissionsagenten für grundsätzlich gegeben sieht jedoch aus prozessualen Gründen, die Voraussetzungen noch nicht hinreichend vom Kläger dargelegt an. Dies wird unter Berücksichtigung des Sachvortrags beider Seiten zu den sehr genau behandelten Grundlagen für die Bestimmung der Höhe des Ausgleichsanspruch abgehandelt.
Dem klagenden Kommissionsagenten wird der allgemeine Auskunftsanspruch aus § 242 BGB zuerkannt, denn er Kläger ist durch die Eigenarten der vertraglichen Beziehung (anonymes Massengeschäft, Verwendung des Kassensystems der Beklagten) unverschuldet nicht im Besitz der nötigen Informationen und Unterlagen. Ihm ist insbesondere nicht vorzuhalten, nicht neben dem Kassensystem der Beklagte noch ein eigenes Kassensystem installiert zu haben. Die Beklagte kann diese Informationen unschwer liefern.

Das Urteil nimmt zutreffend Bezug auf die leistungsfähige Rechtsprechung des BGH und entwickelt diese bestätigend auf das Kommissionsagenturverhältnis fort. Die Ansprüche nach beendetem Kommissionsagenturverhältnis werden zuverlässig geklärt.

Andreas Hoffmann
Rechtsanwalt
19. Mai 2018