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Vertriebsrecht 10: Volkswagen AG – neue Händlerverträge für die Marken VW, Audi und Porsche – autohaus.de und automobilwoche.de 4. Juli 2018

 

 Volkswagen AG – neue Händlerverträge für die Marken VW, Audi und Porsche  – autohaus.de und automobilwoche.de 4. Juli 2018

 

Marke VW: Händlerverband VAPV und Volkswagen AG erzielen Einigung für neue Verträge

Die Verhandlungen von VAPV mit Volkswagen AG für die Marke VW sind zu einem Ende gekommen. Auch der Streitpunkt Direkt-Vertrieb konnte gelöst werden. Die genauen juristischen Formulierungen stehen noch aus, weswegen den Händlern die Verträge im September 2018 vorgelegt werden. Die Verhandlungen dauerten mit sieben Monaten ungewöhnlich lange. Es wurden Regelungen zum Online-Vertrieb, Functions-on-demand, Digitalisierung und Elektromobilität getroffen. Functions-on demand haben für den Handel Potential: Es sind Funktionen, die der Kunde nach dem Kauf in das Fahrzeug aufspielen oder freischalten lassen kann. Thomas Zahn, Leiter Vertrieb und Marketing Deutschland Marke VW bei Volkswagen und Dirk Weddigen von Knapp, Vorstand VAPV zeigen sich erleichtert und glauben, dass der Handel weiterhin das wesentliche Element im Automobilvertrieb bleibt, was durch eine enge Kooperation zwischen Händlern und Herstellern, wohl besonders durch IT erreicht wird. Die neuen Händlerverträge kommen ab April 2020. (mehr …)

Vertriebsrecht 9: Direkt-Verkauf von VW ist Knackpunkt bei neuen Vertriebsverträgen – autohaus.de 22. Juni 2018 (1) und (2)

 

Direkt-Verkauf von VW ist Knackpunkt bei neuen Vertriebsverträgen

Nachdem sich der Händlerverband VW/Audi-Partnerverbandes (VAPV) mit Verbandsvorsitzendem Dirk Weddigen von Knapp zuerst mit einem Zwischenstand über die Vertragsverhandlungen gemeldet hat – autohaus.de 22.06.2018 (1), sah sich VW durch Sprecher Vertrieb und Marketing Deutschland, Christoph Oemisch veranlasst, die Wogen zu glätten – autohaus.de 22.06.2018 (2). (mehr …)

Vertriebsrecht 8: Neue Vertragshändlerverträge für VW PKW, VW Nutzfahrzeuge und Audi – autohaus.de 15. Juni 2018

 

Neue Vertragshändlerverträge für VW PKW, VW Nutzfahrzeuge und Audi

Neue Vertragshändlerverträge für VW PKW, VW Nutzfahrzeuge und Audi stehen im Blickpunkt bei Volkswagen und Audi Partnerverband e.V. (VAPV), der die Interessen der über 2.400 Handels- und Servicepartner in der BRD von Volkswagen Pkw, Audi und Volkswagen Nutzfahrzeuge gegenüber Herstellern, Fachverbänden, Behörden, Institutionen und der Öffentlichkeit vertritt. 

Die Verhandlungen von VAPV und VW waren schwierig und es muss nun Überzeugungsarbeit den Mitgliedern geleistet werden. Am 20. Juni 2018 werden die Mitgliedsunternehmen informiert. VAPV hat auch Erfolge erzielt.

VW hat für Teile der VW-Händler Ende März die Vertragshändlerverträge zum 31. März 2020 gekündigt. Außerdem sollen weitere Vertragsunternehmen bis zum 31. März 2023 ausscheiden und haben Auflagen in den Verträgen. Die ausscheidenden Händler haben einzig die Wahl zwischen Verkauf, Schließung und Weiterarbeit als Servicepartner.

Dem VAPV ist es gelungen VW zu einer zweiten Ausgleichszahlung zu bewegen. Die weitere Kompensation von VW an die Vertragshandelspartner erreicht einen nennenswerten dreistelligen Millionen-Euro-Betrag. 

Für den Verbandsvorsitzenden Dirk Weddigen von Knapp beginnt eine arbeitsreiche Zeit, in der viel Überzeugungsarbeit geleistet werden muss.

Nach Ankündigung von Marken-Vertriebsvorstand Jürgen Stackmann Ende Januar von Plänen zur Verkleinerung des Vertriebsnetz in der BRD, kam es im März 2018 zur Kündigung der Vertragshändlerverträge von 3.500 VW-Vertriebspartnern in Europa. VW strebt in Europa keine erhebliche Verringerung der Vertriebspartner an, auch wenn das deutsche Vertriebsnetz verkleinert wird.  Für die neuen Verträge ab 1. April 2020 haben in der Bundesrepublik alle Händler und Servicepartner eine Absichtserklärung für die weitere Zusammenarbeit vorliegen.

Ziel der Vertragsänderung ist die Erhöhung Leistungs-Qualifikation des Vertriebsnetz bei sich wandelnden Rahmenbedingungen der Automobilindustrie.

Wir stehen mit Rat und Tat im Recht Händlern und Servicepartner von VW  PKW, VW Nutzfahrzeuge und Audi bei Vertragsanpassungen, Beendigung von Verträgen sowie dem Unternehmensverkauf zur Seite.

Andreas Hoffmann
Rechtsanwalt
16. Juni 2018

Vertriebsrecht 7: Stationscomputersystem der Tankstelle des Handelsvertreters als kostenlose Unterlage von § 86a HGB – LG Hamburg, Urt. 04.04.2017, 326 O 314/15 = ZVertriebsR 2018, 110 – 114

Das LG Hamburg (Urt. o4.04.2017, Az. 326 O 314/15) hat das Stationscomputersystem der Tankstelle des Handelsvertreters als kostenlose Unterlage von § 86a HGB angesehen und sich im Grundsatz der Rechtsprechung des BGH (Urt. 04.05.2011, Az. VIII ZR 10/10, VIII ZR 11/10; Urt. 17.11.2016, Az. VII ZR 6/16) angeschlossen.

Handelsvertreter werden vom LG Hamburg (aaO), die eine Tankstelle betreiben, sehr genau nach dem Wortlaut des Gesetz § 86a HGB behandelt. Die unterlegene Mineralölgesellschaft (=Unternehmerin=Beklagte) hat gegen das Urteil Berufung beim OLG Hamburg, Az. 1 U 80/17 eingelegt.

Die Klägerin betrieb 4 „S“-Tankstellen als Handelsvertreterin der beklagten S. Deutschland O. GmbH in den Jahren 2010 – 2012. In den Tankstellen wurden Kraftstoffe und Waren aller Art im Shop (sog. Eigengeschäft) verkauft. Mit der Anlage 8 zum Handelsvertretervertrag 28.06./02.07.2007 mietete die klagende Handelsvertreterin das Stationscomputersystem einschließlich Datenfernübertragung bei der beklagten Mineralölgesellschaft zu 290,– € im Monat pro Tankstelle. Das Stationscomputersystem umfasst die Software für einen Büroarbeitsplatz (BOS = Back-Office-System) und einen Kassenarbeitsplatz (POS = Point of Sale), das neben für die Erfüllung der Pflichten aus dem Handelsvertretervertrag erforderlichen Funktionen (Erfassung Verkaufsvorgänge im Kraftstoff- und Eigengeschäft nach Art, Menge, Preis, Steuerung der Preisauszeichnung) auch weitere Funktionen (Erstellung von Tagesabrechnungen, Umsatzsteuererklärungen, betriebswirtschaftlichen Auswertungen usw. ) enthält.

Das LG Hamburg (aaO.) sieht mit der Rechtsprechung des BGH  (Urt. 04.05.2011, Az. VIII ZR 10/10, VIII ZR 11/10; Urt. 17.11.2016, Az. VII ZR 6/16) die Beklagte als verpflichtet an, der Klägerin die Funktionen des Stationscomputersystem kostenlos zur Verfügung zu stellen, die zur Erfüllung der Pflichten aus dem Handelsvertretervertrag erforderlich sind. Diese erforderlichen Unterlagen gem. § 86a HGB sind auch die Datenfernübertragung, da die Preisangabe ein wesentliches Werbemittel im Kraftstoffgeschäft bildet. Im Umfang der für die Erfüllung der handelsvertretervertraglichen Pflichten erforderlichen Funktionen wird das Stationscomputersystem der Tankstelle des Handelsvertreters als kostenlose Unterlage von § 86a HGB angesehen.

Die weiteren Funktionen des Stationscomputersystems (Erstellung von Tagesabrechnungen, Umsatzsteuererklärungen, betriebswirtschaftlichen Auswertungen usw. ) sind hingegen keine erforderlichen Unterlagen gem. § 86a HGB. Mit dem BGH (Urt. 17.11.2016, Az. VII ZR 6/16) wird die Anlage 8 über die Miete des Stationscomputersystems als teilbar angesehen. Das LG Hamburg (aaO.) nimmt für die Höhe der Miete des Stationscomputersystem, die keine erforderliche Unterlage gem. § 86a HGB und damit gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB zurückzuzahlen ist, eine Abwägung zwischen dem wirksamen und unwirksamen Teil der Vergütungsabrede vor. Es wird ein Gleichgewicht der beiden Funktionalitäten wegen der großen Bedeutung der Preisauszeichnung festgestellt. Die Beklagte muss die Hälfte der Miete an die Klägerin zurückzahlen.

Die Rechtsprechung des BGH (Urt. 04.05.2011, Az. VIII ZR 10/10, VIII ZR 11/10; Urt. 17.11.2016, Az. VII ZR 6/16) findet Eingang in die Instanzen. Das LG Hamburg nimmt eine vertretbare Abwägung über die Bedeutung der Funktionalitäten des Stationscomputersystems vor.

Andreas Hoffmann
Rechtsanwalt
22. Mai 2018

 

Vertriebsrecht 6: unbefugtes Speichern von Daten und Betriebsgeheimnissen als wichtiger Grund gem. § 89a Abs. 1 HGB – OLG München, Beschl. 08.02.2018, Az. 23 U 1932/17 = ZVertriebsR 2018, 103 – 106

Das OLG München (Beschl. 08.02.2018, Az. 23 U 1932/17 = ZVertriebsR 2018, 103 – 106) hat unbefugtes Speichern von Daten und Betriebsgeheimnissen als wichtiger Grund gem. § 89a Abs. 1 HGB behandelt und den Ausgleichsanspruch gem. § 89b HGB sowie den Schadenersatz gem. § 89a HGB der klagenden Handelsvertreterin ablehnt.

Die klagende Handelsvertreterin hatte mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1) am 25.08/01.09.1993 einen Handelsvertretervertrag abgeschlossen, dessen Vertretertätigkeit der Ehemann der Klägerin seit Beginn m Einverständnis aller ausübte. Die Beklage zu 2) ist eine 100%-Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1). Der Gesellschafter M. der Beklagten zu 1) erteilte dem Ehemann der Klägerin am 08.09.2014 Hausverbot. Daraufhin lud der Ehemann der Klägerin erhebliche Mengen an Daten über dem ihm auf die Datenbanken der Beklagten zu 1) zur Verfügung gestellten Zugang herunter, die u.a. aus dem Bereich „GF“ (= Geschäftsführer der Beklagten zu 1) stammten und für die nur der Zugang nicht aber die Speicherung eingeräumt war. Die Beklagte zu 1) erklärte mit Schreiben vom 16.09.2014, das der Klägerin am 17.09.2014 zuging, die außerordentliche Kündigung. Die Klägerin wies die außerordentliche Kündigung 16.09.2014 mit Erklärung einer Kündigung ihrerseits mit Schreiben 18.09.2014 zurück.

Die Klägerin macht Zahlung, die Erteilung eines Buchauszug, Schadenersatz u.a. bis zum 18.09.2017 geltend.

Das OLG München (aaO.) sieht unbefugtes Speichern von Daten und Betriebsgeheimnissen als wichtiger Grund gem. § 89a HGB an und versagt deshalb für die Zeit ab dem 17.09.2014, dem Zugang der Kündigung der Beklagten zu 1) bei der Klägerin, diese geltend gemachten Ansprüche. Insbesondere das Speichern der Daten „Ablage-GF“ stellt einen so schweren Vertrauensbruch er Klägerin dar, die sich das Verhalten ihres Ehemanns zurechnen lassen muss, dar, dass der Beklagten zu 1) ein Abwarten bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist is zum 31.03.2015 nicht zuzumuten war. Das Fehlverhalten der Klägerin wiegt so schwer, dass auch eine Abmahnung der Klägerin gem. §§ 314 Abs. 2 Satz 2, 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB entbehrlich ist.

Das OLG München (aaO.) erweitert die umfangreiche Rechtsprechung zum wichtigen Grund gem. § 89a HGB um eine Konstellation, die sich in der Kommunikation des Internet zuträgt. Die Grundsätze und Abwägungen für den wichtigen Grund werden auf diese Sachverhalte fortgeschrieben.

Andreas Hoffmann
Rechtsanwalt
21. Mai 2018  

 

Vertriebsrecht 3: Haftung des Unternehmers durch Veruntreuung des Handelsvertreters – OLG Köln, Urt. 12.05.2017, Az 19 U 84/16 = VersR 2018, 550 – 552

Das OLG Köln lehnt die Haftung des Unternehmers durch Veruntreuung des Handelsvertreters  für den Fall ab, dass der Unternehmer/Geschäftsherr (=Beklagte) das vom Handelsvertreter vermittelte Anlageprodukt sich deutlich von den Geldanlageprodukten des Unternehmers unterscheiden.

Der Klägerin und ihrem verstorbenen Ehemann, dessen Alleinerbin sie ist, wurden vom vormaligen Handelsvertreter (= Zeugen X) der Beklagten, die Versicherungsverträge, Kapitalanlagen, Bausparverträge und Finanzdienstleistungen vermittelt, betreut. Ab 2008 vermittelte der Handelsvertreter/Zeuge X angebliche Festgeldanlagen mit Zinsen von bis zu 12% und nahm die Anlagebeträge in Empfang, ohne sie an die Beklagte weiterzuleiten. Der Handelsvertreter ließ die Klägerin und ihren Ehemann Vertragsdokumente unterschreiben, die zwar das Logo der Beklagten enthielten, jedoch die Beklagte nicht als Vertragspartnerin nannten. Die Klägerin, ihr Ehemann und deren Tochter wussten, dass der Handelsvertreter keine Inkassovollmacht für die Beklagte hatte. Der Zeuge X erstattete am 30.07.2014 Selbstanzeige und gab an, 68 Personen um 3,6 Mio € geschädigt zu haben. Der Zeuge X ist insolvent. Die Klägerin verlangt Zahlung von 190.729,– €.

Das LG hat die Klage abgewiesen und auch die Berufung blieb ohne Erfolg.

Eine vertragliche Haftung lehnt das OLG Köln (aaO. VersR 2018, 550, 551) ab. Die Klägerin erkannte, dass der Handelsvertreter an der Beklagten „vorbei arbeitete“ und keine Inkassovollmacht hatte. Auch waren die Festgeldzinssätze von 8 % – 12 % schon in 2008 so ungewöhnlich hoch, dass die Klägerin nicht von einem Vertrag zur Beklagten ausgehen konnte. Duldungs- oder Anscheinsvollmacht lagen nicht vor.

Ein Schadensersatzanspruch gem. §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB wegen fehlender Rücksichtnahme auf Rechte, Rechtsgüter und Interessen der Klägerin durch die Beklagte wird vom OLG Köln (aaO. VersR 2018,  550, 551 f.) verneint, da die Auswahl und Überwachung des Handelsvertreters/Zeugen X ausreichten. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BGH (Urt. 11.07.2013, Az. III ZR 31/12 = NJW-RR 2013, 1513; Urt. 15.03.2012, Az. III ZR ZR 148/11 = VersR 2012, 722 = MDR 2012, 644) haftet der Unternehmer als Geschäftsherr für das eigenmächtige Verhalten seines Gehilfen Handelsvertreter nicht, wenn dessen Verfehlung vom übertragenen Aufgabenkreis soweit entfernt ist, dass kein innerer Zusammenhang besteht. Am inneren Zusammenhang fehlt es ähnlich wie OLG Hamm (Urt. 27.07.2004, Az. 4 U 63/04 = VersR 2005, 104), denn die Umstände des Vertragsschluss der Klägerin waren für diese bekanntermaßen ungewöhnlich.

Das OLG Köln (aaO. VersR 2018, 550, 552) erkennt auch keine Repräsentantenhaftung analog §§ 30, 31 BGB an, da es an der erforderlichen Beschlussvollmacht fehlt.

Abschließend wird eine deliktische Haftung als Verrichtungsgehilfe gem. § 831 BGB für den Handelsvertreter durch die Beklagte abgelehnt (OLG Köln aaO. VersR 2018, 550, 552; BGH Urt. 11.07.2013, Az. III ZR 31/12 = NJW-RR 2013, 1513), weil der zwischen dem Zeugen X und der Beklagten geschlossene Vertriebspartnervertrag keine Abhängigkeit des Zeugen X begründet. Außerdem trifft die Beklagte kein Auswahl- und Überwachungsverschulden.

Die Ablehnung der Haftung des Unternehmers durch Veruntreuung des Handelsvertreters durch das OLG Köln (aaO.) erfolgt gut begründet und bestätigt die BGH-Rechtsprechung. Über den Einzelfall hinaus weist die Ablehnung der deliktischen Haftung gem. § 831 BGB. 

Andreas Hoffmann
Rechtsanwalt
12. Mai 2018

Vertriebsrecht 2: Handelsvertreter werden gestärkt – Ausgleichsanspruch auch in Probezeit – EuGH, Urt. 19. April 2018, Rs. C-645/16

Der EuGH (aaO.) bringt sich und die Richtlinie 86/653/EWG als Recht der EU in Erinnerung, denn Handelsvertreter werden gestärkt – Ausgleichsanspruch auch in der Probezeit steht dem Handelsvertreter zu.

Der französische Kassationsgerichtshof in Paris, was dem Bundesgerichtshof in der Bundesrepublik entspricht, hatte mit Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV um Klärung der Rechtsfrage gebeten, ob Art. 17 der Richtlinie 86/653 anwendbar ist, wenn die Beendigung des Handelsvertretervertrags während der in ihm festgelegten Probezeit eintritt.

Die französische DTT war Auftraggeber (Unternehmer gem. § 84 HGB) und die französische CMR war Auftragnehmerin (Handelsvertreterin gem. § 84 HGB). Nach dem Handelsvertretervertrag vom 2. Dezember 2011 war die CMR mit dem Verkauf von Einfamilienhäusern der DTT befasst. Der Vertrag enthielt für beide Seiten eine Probezeit von 12 Monaten, während der im ersten Monat mit einer Frist von 15 Tagen und danach mit einer Frist von einem Monat gekündigt werden konnte. Vertraglich vereinbart war das Ziel von 25 Verkäufen pro Jahr. Mit Schreiben 12. Juni 2012 kündigte die DTT den Vertrag mit Verweis auf nur einen Verkauf durch die CMR in fünf Monaten unter Einhaltung der vertraglichen Frist. 

Nach französischem Handelsgesetzbuch Art. L. 134-12 Code de Commerce und der Rechtsprechung war zu klären, ob eine Vertragsbeendigung in der Probezeit zu einem Wegfall des Ausgleichs- und Schadenersatzanspruchs des Handelsvertreters führen kann, ohne dass dies gegen Art. 17 RL 86/653/EWG verstößt.

Dies wird vom EuGH (aaO. Rn. 26, 29, 37) klar verneint. Der EuGH (aao Rn. 26, 29) stütz sich zunächst auf Wortlaut und Systematik von RL 86/653/EWG. Zudem wird der Zweck von Art. 17  RL 86/653/EWG herangezogen (EuGH aaO. Rn. 37). Wie in Verfahren vor dem EuGH häufig wird auch in den Urteilsgründen auf die Schlussanträge des Generalanwalt verwiesen. Insbesondere ist Art. 17  RL 86/653/EWG so zu verstehen, dass eine Probezeit im Handelsvertretervertrag zulässig ist, jedoch eine Kündigung nicht den Ausgleichs- und Schadenersatzanspruch entfallen lässt.

Das Urteil ist wie beim EuGH üblich im Vergleich zu Entscheidungen des BGH oder des Bundesverfassungsgericht kürzer, aber überzeugend. Handelsvertreter werden gestärkt – Ausgleichsanspruch auch in Probezeit, wenn auch nur moderat.

Andreas Hoffmann
Rechtsanwalt
08. Mai 2018

Der Anleger kann mit dem BGH (Urt. 06.02.2018, Az. II ZR 17/17 = ZIP 2018, 826 – 829; Fortführung BGH, Urt. 03.02.2003, Az. II ZR 233/01 = DStR 2003, 1494)) die Rückabwicklung oder Erstattung der Wertdifferenz wegen der unrichtigen Prospektangaben verlangen.

Die Kläger haben sich Ende 2001 als Kommanditisten der W. GmbH & Co. KG durch Zeichnung beteiligt, zum Teil als „Kurzläufer“ (Laufzeit bis 31.12.2012 verbunden mit Abtretung und Verkauf der Beteiligung zu einem Preis von 106 % des Kommanditkapitals zum 01.01.2013 an die frühere Beklagte zu 1) und zum Teil als „Langläufer“ (auf Dauer angelegt und frühestens zum 31.12.2007 kündbar bei Abfindung nach vertraglichen Regelungen). Die Kläger verlangen von dem Beklagten zu 2) als Gründungskommanditist und der Beklagten zu 3) als Gründungskomplementärin Schadenersatz aus Prospekthaftung im weiteren Sinne wegen unrichtiger, d.h. zu hoher Darstellung der Windertragsprognosen, die einen 10 % zu hohen Gesamtertrag zur Folge haben und den wahren Wert der Beteiligung im Zeitpunkt der Zeichnung auf weniger als 50% des Anlagebetrags absenkten, was durch Tabellen und ein Privatgutachten belegt wird.

Die Prospekthaftung im weiteren Sinne ist ein Fall der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten, die gem. §§ 280, 311 Abs. 1 und 2, § 241 Abs. 2 BGB auf den Ersatz des Vertrauensschadens / „negatives Interesse“ gerichtet ist. Die Kläger als Geschädigte sind so zu stellen wie sie bei Offenbarung bzw. richtiger Darstellung  der für ihren Vertragsschluss maßgeblichen Umstände stehen würden (BGH aaO. Rn 9 = ZIP 2018, 826, 826). Dies bedeutet, dass die Kläger  die Rückabwicklung oder Erstattung der Wertdifferenz wegen der unrichtigen Prospektangaben verlangen können (BGH aaO. Rn. 8 – 13 = ZIP 2018, 826, 826f.). Diese Grundsätze des Kaufvertrags gelten auch für die Beteiligung als Kommanditist an einer KG (BGH aaO. Rn. 14 – 21 = ZIP 2018, 826, 827f.; Urt. 03.02.2003, Az. II ZR 233/01 = DStR 2003, 1494, 1495f.). Dem steht auch nicht das Wiederaufleben der Haftung gem. § 172 Abs. 4 HGB und mögliche spätere Ausschüttungen entgegen. Bei den möglichen späteren Ausschüttungen ist eine Vorteilsausgleichung wegen des fehlenden inneren Zusammenhangs ausgeschlossen. 

Die Möglichkeit der Rückabwicklung oder Erstattung der Wertdifferenz wegen der unrichtigen Prospektangaben für den Anleger ergibt sich aus Sachvortrag der Kläger ausreichend. Zwar sind Prognosen als zukunftsorientierte Information grundsätzlich ohne Gewähr durch den Prospektherausgeber, müssen dann aber sorgfältig ermittelt und aus ex-ante-Sicht vertretbar sein. Die bei den „Kurzläufer“ zugesagte Zahlung von 106 % des Kommanditkapitals ist nur dann erheblich, wenn die Wertminderung wegen der geringeren Ertragserwartungen durch die Zusage der Ablösung und Rendite wieder ausgeglichen wurde. Zwar gibt es bei den „Langläufern“ die Möglichkeit der Sonderkündigung. Wird die Sonderkündigung nicht ausgeübt, ist dies kein Verstoß gegen die Schadensminderungsobliegenheit von § 254 Abs. 2 BGB, denn mit der Möglichkeit der Erstattung der Wertdifferenz wegen der unrichtigen Prospektangaben als „kleiner Schadenersatz“ wird dem Anleger gerade das Recht eingeräumt, an der Beteiligung festzuhalten und den Minderwert erstattet zu verlangen.

Andreas Hoffmann
Rechtsanwalt
29. April 2018

Das OLG Karlsruhe ( Urt. 14.07.2017, Az. 9 U 9/15 = IHR 2018, 81 – 86) sieht die Verweigerung des Buchauszugs als wichtigen Grund für die Kündigung des Handelsvertreters und gibt einen Überblick der Rechtsprechungsgrundsätze zur Berechnung des Ausgleichanspruchs gem. § 89b HGB (a.F.).

Die Klägerin ist eine Handelsvertreterin für Industrieprodukte und macht u.a. den Ausgleichsanspruch gem. § 89b HGB (in der bis zum 04.08.2009 gültigen Fassung) gegen den Unternehmer (= Beklagte) , der elektronische Komponenten für die Nachrichten- und Satellitentechnik herstellt, geltend.

Die Rechtsvorgänger von Klägerin und Beklagter haben am 01.04.1993 einen Handelsvertretervertrag geschlossen, der Klägerin u.a. auch Provisionsansprüche für direkt mit der Unternehmerin im Vertretungsgebiet abgeschlossene Geschäfte gewährt. Ausgenommen waren OEM-Kunden. Die Beklagte verschwieg der Klägerin erhebliche Umsätze mit einem Grßkunden im klägerischen Vertragsgebiet.

In 2008 kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen der klagenden Handelsvertreterin und der beklagten Unternehmerin, die einigen Anwaltsschreiben führten. Mit Anwaltsschreiben vom 07.08.2008 rügte die Klägerin unzutreffende Provisionsabrechnungen und forderte die Beklagte zur Erstellung eines Buchauszugs für „über die während der Vertragslaufzeit … getätigten Geschäfte“ auf. Die Beklagte bat schriftlich um Fristverlängerung bis zum 31.08.2008. Mit Schreiben 31.08.2008 stellte sich die Beklagte auf den Standpunkt, der Anspruch der Klägerin auf Buchauszug sei durch sie bereits erteilten Provisionsabrechnungen bereits erloschen. Die Klägerin forderte mit Schreiben 7.11.2008 unter Fristsetzung bis zum 14.11.2008 erneut zur Erteilung des Buchauszugs auf. Im weiteren Schreiben 14.11.2008 wiederholte die Beklagte die Weigerung, einen Buchauszug zu erteilen. Im Anwaltsschreiben 18.11.2008 erklärte die Klägerin die „außerordentliche und fristlose Kündigung “ des Handelsvertretervertrags.

Das OLG Karlsruhe (IHR 2018, 81, 83) sieht die  Verweigerung des Buchauszugs als wichtigen Grund für die Kündigung des Handelsvertreters, da die Beklagte um ihre Verpflichtung zur Erteilung des Buchauszugs durch die verschwiegenen Umsätze wusste und diese für die Klägerin von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung waren. Damit ist der Ausgleichsanspruch der Klägerin nicht gem. § 89b Abs. 3 Nr. 1 HGB a.F. weggefallen.

Das OLG Karlsruhe (IHR 2018, 81, 84 – 86) berechnet den Ausgleichsanspruch unter Darlegung der Rechtsprechungsgrundsätze minutiös.

Es verweist auf den BGH (NJW 1996, 2302, 2304; NJW-RR 2002, 1548, 1551) und die Literatur (von Hoyningen-Huene in MünchKomm/HGB, 3. Aufl., 2010, § 89b HGB Rn. 62), wonach an die „Werbung“ eines neuen Kunden gem. § 89b Abs. 1 Ziff. 1 HGB a.F. nur geringe Anforderungen zustellen sind (Mitursächlichkeit ausreichend) und ein Anscheinsbeweis besteht für die Werbung besteht, wenn das erste Geschäft des Unternehmers (hier: Beklagte) während der Vertragszeit des Handelsvertreters (hier: Klägerin) abgeschlossen wurde.

Es wird der Verwaltungskostenanteil behandelt (OLG Karlsruhe IHR 2018, 81, 85), die Abwanderungsquote bestimmt (OLG Karlsruhe aaO.), die Abzinsung nach der Mezhode Gillardon vorgenommen (OLG Karlsruhe aaO.) und ausgesprochen, dass auf  den Ausgleich Mehrwertsteuer zu bezahlen ist (OLG Karlsruhe aaO.).

Der Billigkeitsabschlag gem. § § 89b Abs. 1 Ziff. 3 HGB a.F. wird nach der Sogwirkung der Marke mit 15 % angesetzt und berücksichtigt, dass kostenaufwändige Werbe- und Vertriebsaufwendungen der Beklagten nicht bestehen. Dabei wird ein Überblick zur Rechtsprechung des BGH (NJW 1996, 3202; NJW-RR 2002, 1548, 1553f.; 2003, 1340;  2010, 1550 = IHR 2011, 15; NJW 2011, 2438) gegeben (OLG Karlsruhe aaO.).

Die Interessen der Handelsvertreter werden denen der Unternehmer ausgewogen gegenüber gestellt. Die Verweigerung des Buchauszugs als wichtigen Grund für die Kündigung des Handelsvertreters wird gut begründet, da Täuschung stets eine schwere Belastung des Handelsvertreterverhältnis bildet.

Andreas Hoffmann
Rechtsanwalt
24. April 2018

 

Das OLG Köln ( Beschluss 27.03.2018, Az. 18 U 134/17 = NZG 2018 Heft 12 VII = NRWE = autokaufrecht.info ) setzt seine Linie fort (siehe Dieselskandal 2) und entscheidet, ein Rücktritt vom Kauf wegen Dieselskandal trotz installierten Softwareupdate ist möglich.

Der Klägerkaufte von dem beklagten Autohaus, das ein Audi-Zentrum betreibt, im Januar 2015 einen gebrauchten Audi A 4 2.0 TDI Ambition mit einer Laufleistung von 17.007 km zu einem Preis von 41.000,– €. Im September 2016 ließ der Kläger das von Audi bereit gestellte und dem Kraftfahrtbundesamt genehmigte Softwareupdate installieren und nutzte den Audi A 4 weiter. Mit Anwaltschreiben vom 12.12.2016 wurde der Rücktritt erklärt, wozu sich auf eine Verschlechterung der Leistung, eine Erhöhung des Verbrauchs des Fahrzeugs und der CO²-Emissionen berufen wird. Außerdem hat das Softwareupdate die Stickstoffdioxid-Emissionen nicht erfolgreich reduziert.

Das LG Aachen (Az. 8 O 505/16) hat die Klage abgewiesen. Dem möchte das OLG Köln (aaO.) nicht ohne weiteres folgen und erläßt den Beweisbeschluss (aaO.): Ein Rücktritt vom Kauf wegen Dieselskandal trotz installierten Softwareupdate ist möglich.

Bedeutsam ist die sehr ausführliche und gute Begründung.

Ausgangspunkt der rechtlichen Überlegungen ist wie von OLG Köln (Hinweisbeschluss v. 20.12.2017, Az 18 U 112/17 = NJW-RR 2018, 373ff. = NZV 2018, 72ff. = Dieselskandal 2) ausgeführt, dass die für die Typenzulassung erforderliche Software einen Betriebsmodus für den Prüfstand hatte, was dem Kraftfahrbundesamt nicht mitgeteilt worden war. Das OLG Köln (Beschluss 27.03.2018, Az. 18 U 134/17) wendet dann präzise die kaufrechtlichen Gewährleistungsregelungen ( §§ 433 Abs. Satz 2, 437 Nr. 1 BGB) an und leitet die im Zivilprozess sehr wichtige Darlegungs- und Beweislast ab, die das beklagte Autohaus trifft. Für das beklagte Autohaus erweist sich nicht nur für die Darlegungs- und Beweislast als nachteilig, zu behaupten, dass der Audi A 4 schon vor dem Softwareupdate nicht die Mängel zu hoher Verbrauch, zu hohe Emissionen und zu geringe Leistung gehabt zu haben. In diesen Behauptungen sowie den Schwierigkeiten von Audi zeitnah eine Nachbesserung vorzunehmen sieht das OLG Köln (aaO.) eine endgültige Erfüllungsverweigerung gem. § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB – und nur deshalb konnte mit Anwaltschreiben 12.12.2016 der Rücktritt ohne eine Fristsetzung zur Nachbesserung erklärt werden. Auch hier wird die Unerheblichkeit der Mängel gem. § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB nicht ohne Beweisaufnahme angenommen. Das OLG Köln (aaO.) läßt Ausführungen zur Höhe der Rückforderung des Kaufpreis unter Berücksichtigung des Nutzungsersatz folgen und berechnet den Kostenvorschuss für den Sachverständigen mit 10.000,–€, die von der Beklagten zu bezahlen sind.

Die genaue und an der ständigen Rechtsprechung des BGH ausgerichtete Begründung zeigt, dass das OLG Köln auf eine Klärung durch den BGH hinarbeitet.

Andreas Hoffmann
Rechtsanwalt
22.04.2018