Unverbriefte Genussrechte und Nachrangigkeit in Klausel von Genussrechtsbedingungen hat der BGH ( Urt. 22.03.2018, Az. IX ZR 99/17 = BGH ZIP 2018, 882 – 887) behandelt.
Das Urteil ist bedeutsam, da Ausführungen zur Reichweite des Gesetz über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen v. 31.07.2009 (SchVG) und zur Auslegung der AGB von Genussrechten bzw. Anleihen gemacht werden. Das Urteil wird in der amtlichen Sammlung BGHZ veröffentlicht werden.
In der Insolvenz der F.KGaA (= Schuldnerin) war das insolvenzrechtliche Rangverhältnis von Genussrechten, die mit einem Emissionsprospekt von den in 2013 2006, der die Genussrechtsbedingungen (GRB) enthielt, ausgegeben wurden und den gleichfalls von der Schuldnerin ausgegeben Orderschuldverschreibungen mit der Seriennummer OSV (= Serie OSV). Bei den GRB handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen(AGB/“Kleingedrucktes“). Die Genussrechte wurden von der Schuldnerin als Serie 10E erfasst, was auch den Klägerinnen als Genussrechtsinhaberinnen bescheinigt wurde, ohne die Genussrechte zu verbriefen. Die Klage richtet sich gegen die Inhaber der Orderschuldverschreibungen Serie OSV, die durch einen gemeinsamen Vertreter gem. § 19 Abs. 3 SchVG vertreten waren. Der gemeinsame Vertreter hatte dem Rang der Forderungsanmeldung der Klägerinnen widersprochen.
Die unverbriefte Genussrechte und Nachrangigkeit in Klausel von Genussrechtsbedingungen stellt die Fragen, ob die Klägerinnen durch einen gemeinsamen Vertreter gem. § 19 SchVG vertreten werden können und die mit „Nachrangigkeit“ überschriebene Klausel der GRB zu einem Nachrang gegenüber Insolvenzforderung gem. § 38 InsO führt.
Der BGH stellt klar, dass das SchVG nur verbriefte Genussrechte dem SchVG unterfallen. Eine Verbriefung ist gegeben, wenn der Verplichtete (hier: Schuldnerin F.KGaA) eine Urkunde ausstellt, in der dem/der Inhaber/in der Urkunde eine Leistung verspricht (§ 793 BGB). Die Verbriefung eröffnet die Verkehrsfähigkeit, die Voraussetzung für §§ 1, 2 SchVG ist. Die Rechtsanwältin der Klägerin war daher nicht gemeinsame Vertreterin gem. § 19 SchVG (BGH aaO. ZIP 2018, 882, 883f.).
Die Orderschuldverschreibungen Serie OSV waren verbrieft, so dass die Inhaber der Orderschuldverschreibungen durch einen gemeinsamen Vertreter gem. § 19 SchVG vertreten waren, der zuvor gewählt wurde (BGH aaO. ZIP 2018, 882, 884f.).
Der BGH (aaO. ZIP 2018, 882, 885 – 887) arbeitet die Grundsätze zur Auslegung von Genussrechten bzw. Anleihen sehr genau heraus, da § 8 GRB mit „Nachrangigkeit“ überschrieben war. Die Vereinbarung eines Nachrangs ist kein Verstoß gegen § 307 Abs. 2 BGB, da die Bestimmung eines Hauptleistungsinhalts der Inhaltskontrolle entzogen ist. Die Reglung in § 8 GRB wird nicht als nicht klar und verständlich angesehen, denn es kommt der Auslegungsgrundsatz von AGB zur Anwendung, das inhaltlich voneinander trennbare , einzeln aus sich heraus verständliche Regelungen in AGB Gegenstand einer gesonderten Wirksamkeitsprüfung sein können, wenn sie in einem äußeren sprachlichen Zusammenhang mit anderen unwirksamen Regelungen stehen. Der äußere sprachliche Zusammenhang wird erst überschritten, wenn der wirksame Teil ohne den unwirksamen Teil eine gänzlich neue Bedeutung erfährt (BGH aaO. ZIP 2018, 882, 886f.). Diese Grundsätze hat der BGH im amtlichen Leitsatz Nr. 5 vorangestellt. In dem Fall war § 8 GRB so klar gefasst, dass keine Unwirksamkeit gegeben war und damit die Genussrechtsforderungen der Klägerinnen im Nachrang stehen.
Das Urteil bestätigt wichtige Auslegungsgrundsätze für Genussrechte uns Anleihen. Unverbriefte Genussrechte und Nachrangigkeit in Klausel von Genussrechtsbedingungen werden den mit den Rechtsprechungsgrundsätzen bestätigt.
Andreas Hoffmann
Rechtsanwalt
07. Mai 2018